Kinderschutz-Konzept

Leitbild

Im Naturkindergarten Flaucherfüchse e.V. stehen die Kinder in ihrer Individualität im Vordergrund. Uns ist die Entwicklung eines gesunden Selbstkonzeptes auf körperlicher und seelischer Ebene wichtig. Kinder sollen ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen lernen sowie die Regeln und Grenzen von sich selbst, der Gruppe und der Umgebung beachten lernen.

Grundlagen hierfür sind 1. gute Rahmenbedingungen, in denen sich die Kinder wohl und sicher fühlen, 2. ein grundsätzlich feinfühliges Verhalten der Erwachsenen gegenüber den Kindern sowie 3. die Einbeziehung der Kinder in bestimmte Prozesse.

Ziel ist in diesem Sinne die Kinder zu stärken und damit präventiv vor verletzendem Verhalten zu schützen und für problematische Situationen zu sensibilisieren.

Notwendige Bausteine für den Schutz von Kindern vor Übergriffen, Gewalt und Missbrauch sind darüber hinaus Regelungen und präventive Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem 8. Sozialgesetzbuch (SGB VIII).1

Notwendige Bausteine für den Schutz von Kindern vor Gewalt, Übergriffen und Missbrauch sind darüber hinaus Regelungen und präventive Maßnahmen nach dem SGB VIII. Darin inbegriffen sind ebenfalls Handlungsleitfäden bei konkreten Verdachtsfällen.

Diese Themenbereiche möchten wir im folgenden Konzept zum Kindeswohl und Kinderschutz für unseren Naturkindergarten Flaucherfüchse e.V. darlegen und erläutern. Eine Einschätzung von grenzverletzendem und klar grenzüberschreitendem Verhalten wird zusätzlich im Anhang aufgeführt (siehe Anhang 1). Es soll der Auseinandersetzung dienen, um die Wahrnehmung zu aktivieren und Verhalten einordnen zu können.

Prävention

Grundlegende Maßnahmen

Der Naturkindergarten Flaucherfüchse e.V. hat mit der Stadt München die Münchner Vereinbarung zum Kinderschutz geschlossen.

Alle fest angestellten Mitarbeiter legen zu Beginn ein erweitertes Führungszeugnis vor. Dies wird regelmäßig (alle drei bzw. fünf Jahre) erneuert. Dies gilt auch für Mitarbeiter im Rahmen des freiwilligen Dienstes.

Bei Vertragsunterzeichnung unterschreiben alle Eltern eine Selbsterklärung zu Prävention von sexueller Gewalt. Diese unterzeichnen auch Aushilfen und Kurzpraktikanten.

Zudem werden eine Abholkartei und eine Notfallkartei geführt. Durch erste wird sichergestellt, dass keine unberechtigten Personen ein Kind abholen. Zweite regelt, wer im Notfall, z.B. einer Verletzung des Kindes, verständigt werden soll.

Teamkultur

Grundlage ist eine wertschätzende Art der Kommunikation unter allen Beteiligten. Wir achten auf eine offene Atmosphäre des Austausches unter Einbeziehung aller im Kindergarten Beteiligten (Team, Kinder und Eltern). So stellen die Erwachsenen ein Vorbild für die Kinder dar, indem sie ihr Verhalten reflektieren, Kritik annehmen können, Grenzen anderer achten und einen respektvollen Umgang miteinander pflegen.

Es finden wöchentlich Teamsitzungen statt, auf Wunsch auch mit dem Vorstand. Zudem gibt es regelmäßige Supervisionen im Team, deren Ergebnisse in geeigneter Form auch an die Eltern bzw. den Vorstand weitergetragen werden.

Auf Grundlage dieser guten Teamkultur und der gegenseitigen Unterstützung kann ein bestmöglicher Schutz der Kinder durch Beobachten, Hinsehen, Hinhören und Handeln gewährleistet werden.

Beteiligung

Beteiligung der Kinder

Um sich sicher zu fühlen und Beschwerden zu äußern, müssen die Kinder lernen, dass sie gehört werden und in ihrem Alltag an Entscheidungen beteiligt sind. Dabei ist eine Begleitung der Kinder durch Erwachsene in der Durchsetzung und Umsetzung ihrer Bedürfnisse notwendig.

Im Naturkindergarten Flaucherfüchse e.V. wird Demokratie und Mitsprache für die Kinder erlebbar gemacht. So gibt es jeden Morgen im Morgenkreis einen Redestab, der umgeht. So bekommt jeder (Kinder und Erzieher*innen) bereits zu Beginn des Tages die Möglichkeit sich zu äußern. Dabei ist nicht vorgegeben, um welche Art der Äußerung es sich handeln soll, sondern es steht jedem frei das zu sagen, was er/sie gerade erzählen und auch, ob er/sie sich überhaupt äußern möchte. Des Weiteren wird demokratisch abgestimmt, welcher Platz an diesem Tag aufgesucht wird. Um den Kindern die Entscheidung zu vereinfachen, werden im Vorfeld zwei Plätze von den Kindern zur Abstimmung vorgeschlagen. Die Erzieher*innen greifen hier nur im Rahmen von organisatorischen (pädagogische Angebote nur an bestimmten Plätzen möglich) und sicherheitsrelevanten (Hochwasser an der Isar) Fragen ein.

Die Kinder bestimmen in vielen Bereichen des Kindergartenalltags über sich selbst. So müssen Mittagessen nicht essen, wenn sie dies nicht möchten. Sie können sich stattdessen auch ihre Brotzeit holen. Sie haben oft auch die Wahl aus mehreren Angeboten (Vorlesen, Bastelprojekte), dem freien Spiel oder dem Aufenthalt in der Kuschelecke. Sie entscheiden selbst bei wem sie an der Hand gehen, wenn dies neben der Straße nötig ist und sie entscheiden auch selbst, wer ihnen auf dem Klo, beim Anziehen etc. hilft. Wickelkinder entscheiden selbst, wer sie wickelt.

Die Kinder bekommen Unterstützung, wenn sie es möchten (z.B. Konflikte verbal lösen, Hilfe beim Anziehen, Hilfe beim Toilettengang), werden aber auch in ihrer Selbstbestimmtheit gefördert. Alle Kinder bekommen ihren Freiraum, sofern keine Grenze überschritten wird (z.B. bei Eingewöhnung gewisser Abstand zur Gruppe, wenn dies gerade gebraucht wird). Zudem werden die Kinder stets ernst genommen mit ihren Wünschen, Anregungen, Sorgen und Ängsten.

Beteiligung der Eltern

Die Beteiligung der Eltern steht bei unserer Elterninitiative klar im Vordergrund. So ist der Kindergarten von Eltern gegründet worden und auch die Konzeption wird regelmäßig von Eltern in Zusammenarbeit mit dem Team überarbeitet. Im Alltag sind die Eltern über verschiedene Aufgaben (Elternämter) beteiligt und arbeiten mehr oder weniger eng mit den Mitarbeitern zusammen. Die Elternversammlungen stellen einen Gesprächsrahmen für die Eltern unter sich, ohne das pädagogische Team, dar.

An den regelmäßig stattfindenden Elternabenden werden die Eltern vom pädagogischen Team über aktuelle und wichtige Themen informiert und haben die Möglichkeit sich zu diesen zu äußern. Persönliche Anliegen können auch stets beim Bringen, besser noch beim Abholen, besprochen werden. Für längere Gespräche kann ein Telefontermin vereinbart werden. In den Entwicklungsgesprächen findet ein detaillierter Austausch über die Entwicklung des Kindes und mögliche Gefährdungssituationen statt. So kann einigen Gefahren bereits vorgebeugt werden.

Beteiligung des Teams

Das pädagogische Team arbeitet eng mit den Eltern, vor allem dem Vorstand, zusammen. So wird die Planung des Kindergartenjahres mit den Schließtagen gemeinsam erstellt. Bei der Entscheidung über die Aufnahme von neuen Kindern werden die Pädagogen mit einbezogen. Die Erstellung und Überarbeitung von Konzepten geschehen in Zusammenarbeit. Auch die Gestaltung des Bauwagens und dem Bereich darum herum wird eng abgesprochen. Neues Personal, wie z.B. Aushilfen, Personen im freiwilligen Dienst oder auch Festangestellte, wird nicht ohne ein Kennenlernen mit dem Team und dessen positiver Rückmeldung eingestellt.

Beschwerdemanagement

Durch eine starke Beteiligung der Kinder (vgl. 2.3.1) an ihrem Kindergartenalltag, lernen sie, dass sie gehört werden und trauen sich dadurch auch eher, Beschwerden zu äußern. Daher ist die offene Kommunikationskultur, die demokratische Beteiligung und die Kommunikation auf Augenhöhe ein wichtiger Bestandteil des präventiven Kinderschutzes.

Das Team der Pädagogen hat im Vorstand einen klaren Ansprechpartner (Personalvorstand), kann sich aber jederzeit auch an die anderen Vorstandsmitglieder (insbesondere erster Vorstand) wenden. Um einer möglichen Beschwerde, einer Unzufriedenheit oder auch einer Anregung eines Teammitglieds den nötigen ruhigen Raum zu geben, sind die Vorstände telefonisch oder schriftlich per Mail für das Team erreichbar. Zudem kommen die Vorstandsmitglieder regelmäßig zu den Teamsitzungen dazu, sodass ein persönlicher und direkter Gesprächsrahmen gegeben ist.

Eltern können Beschwerden, Unzufriedenheiten und Anregungen dem Team, dem Vorstand oder auch der gesamten Elternschaft mitteilen. Möglich ist dies per Mail, über Signal oder im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Elternabende bzw. Elternversammlungen.

Grenzen und Umgang mit Grenzüberschreitungen

Klare Grenzen sind gerade im Waldkindergarten von enormer Bedeutung, da diese hier sicherheitsrelevant sind. Diese beinhalten Grenzen am Bauwagen, Haltepunkte auf dem Weg zum Platz, Grenzen an jedem Platz und Regeln wie nur bis zu einer bestimmten Höhe klettern. Sie werden mit den Kindern in der Eingewöhnung erlernt und geübt. Bei Grenzüberschreitung wird klar gehandelt.

Jedes Jahr wird das Thema „Mein Körper gehört mir“ mit den Kindern erarbeitet. Zuerst findet mit jedem Kind ein Einzelgespräch statt, in welchem das Kind anhand eines Bildes seinen Körper in Grüne, gelbe und rote Zonen einteilt. Anschließend wird mit allen Kindern gemeinsam gesprochen und klar herausgestellt, dass dies ein sehr individuelles Thema ist und die Grenzen jedes einzelnen respektiert werden müssen.

Zudem werden auch die Grenzen jeder einzelnen Person gewahrt und geschützt. Konflikte zwischen den Kindern sollen nach Möglichkeit von diesen selbst gelöst werden. Regelmäßig wird mit den Kindern geübt „Stopp“ zu sagen. Kommt es aber zu Grenzüberschreitungen, wie z.B. verletzendem Verhalten, so wird eingeschritten.

Grenzverletzendes Verhalten kann bereits im Kleinen, unbewusst und ungewollt stattfinden, z.B. durch Stresssituationen. Daher liegt ein Hauptaugenmerk der Vorstandsarbeit bei den Flaucherfüchsen darauf, Stresssituationen beim Personal vermeiden. Maßnahmen dafür sind, für ausreichend Betreuungskräfte zu sorgen oder im Falle von Personalmangel individuelle Lösungsmöglichkeiten zu finden (z.B. Verkleinern der Gruppe durch früheres Abholen) und enge Absprachen mit dem Vorstand zu treffen. Zudem werden die Fachkräfte in ihrem Wohlbefinden gestärkt, es gibt Angebote des Austausches, Förderung und Ermutigung zu Fort- und Weiterbildung, gemeinsam festgelegte Regelungen zu Aufsicht und Vorgehen bei Arbeitsausfall. Ziel ist es, eine Kultur der gegenseitigen Rückmeldung und Unterstützung zu leben.

Besonderheit Waldkindergarten: immer unterwegs

Die Flaucherfüchse bewegen sich in ihrem Kindergartenalltag in den Flaucherauen. Dadurch entstehen einige Situationen, die hier besonders betrachtet werden sollen. Es wird das Thema Toilette draußen mit den Kindern besprochen. Hier bietet sich die Möglichkeit der Sensibilisierung, wo ist ein geeigneter Ort ist und wo nicht. Grundsätzlich bieten Gebüsche/Wäldchen Rückzugsorte für die Kinder. Dabei findet eine Begleitung durch die Erzieher statt, teilweise auch aus der Distanz. Kontakte mit anderen Menschen (Spaziergänger, Gartenbaumitarbeiter, etc.) werden grundsätzlich begrüsst. Diese unterstützten die gegenseitige Akzeptanz und alle können eventuell etwas neues Kennenlernen. Auch hier werden die Kinder immer von den Erziehern begleitet.

Intervention

Insoweit erfahrene Fachkräfte

Im Verdachtsfall steht ein sofortiges, kostenfreies, vertrauliches und anonymes Beratungs- und Unterstützungsangebot durch Insoweit erfahrene Fachkräfte (IseF) zur Verfügung. Eine Insoweit erfahrene Fachkraft ist eine beratende Person zur Einschätzung eines Gefährdungsrisikos bei vermuteter Kindeswohlgefährdung nach § 8a und 8b SGB VIII.2 Für die Inanspruchnahme der Fachberatung kann eine Beratungsstelle frei gewählt werden (Kontaktstellen siehe Anhang 2).

Verdacht außerhalb der Einrichtung

Bei einem Verdacht der Kindeswohlgefährdung innerhalb der Familie oder dem Umfeld wird dieser schriftlich festgehalten sowie die pädagogische Leitung und der Vorstand informiert. Es findet eine gemeinsame Beratung statt. Kann eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden, muss eine „Insoweit erfahrenen Fachkraft“ (siehe Kapitel 3.1.) hinzugezogen werden.

Für das gesamte Verfahren bietet das Handlungsschema „Schnelle Hilfe“ Orientierung.3

Wesentliche rechtliche Grundlagen des SGB VIII:

  • § 8a: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
  • § 8b: Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
  • § 45: Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung
  • § 47: Melde- und Dokumentationspflichten
  • § 72a: Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen

Weitere Informationen hierzu siehe: https://stadt.muenchen.de/service/info/fachberatung-zum-kinderschutz-isef/10249494/n0/

vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen BAGE e. V. (2020): Leitfaden zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes in Elterninitiativen, Kinderläden und selbstorganisierter Kinderbetreuung

Verdacht innerhalb der Einrichtung

Bei auffälligem Verhalten oder im Falle einer dezidierten Situation unter den Kindern wird dieses sofort gestoppt. Die pädagogische Leitung sowie der Vorstand werden informiert und es wird gemeinsam beraten, wie mit dem Thema umgegangen wird. Möglichkeiten wären zum Beispiel Gespräche mit den einzelnen Kindern sowie deren Eltern, eine allgemeine Thematisierung in der Gruppe, ein themenspezifischer Elternabend usw. Zur Unterstützung kann jederzeit eine Fachberatung wie die „Insoweit erfahrene Fachkraft“ beratend und ggf. begleitend hinzugezogen werden.

Bei einem Verdacht innerhalb des Kindergartens durch Mitarbeiter*innen wird dieser schriftlich festgehalten und der Vorstand informiert sowie ggf. die pädagogische Leitung. Es findet eine gemeinsame Einschätzung statt. Kann eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden, wird eine „Insoweit erfahrenen Fachkraft“ (siehe Kapitel 3.1.) oder eine andere Fachberatung hinzugezogen.

Für das gesamte Verfahren bietet das nachfolgende Handlungsschema Orientierungshilfe.

Anhang

Anhang 1: Grenzverletzendes und grenzüberschreitendes Verhalten

  • Erweiterung Beispiele grenzverletzendes Verhalten vom Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. (2016): Arbeitshilfe Kinder- und Jugendschutz in Einrichtungen:

Anhang 2: Kontaktstellen für „Insoweit erfahrene Fachkräfte“

  • vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen BAGE e. V. (2020): Leitfaden zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes in Elterninitiativen, Kinderläden und selbstorganisierter Kinderbetreuung
  • vgl. Landeshaupstadt München, Referat für Bildung und Sport (2017): Handbuch Umgang mit sexueller Gewalt in Kindertageseinrichtungen
  • vgl. Landeshaupstadt München, Referat für Bildung und Sport (2017): Handbuch Umgang mit sexueller Gewalt in Kindertageseinrichtungen

Eine Auflistung zu grenzverletzendem und grenzüberschreitendem Verhalten sowie die Kontaktstellen für „Insoweit erfahrene Fachkräfte“ finden sich im Handbuch „Umgang mit sexueller Gewalt in Kindertageseinrichtungen“

Stand 6. Dezember 2022